Das schludrige Rumpeln, das das Shuttle beim Aufsetzen auf der Landeplattform leicht durchschüttelte, verriet den Schlag des Piloten, der das unförmige, aber entfernt projektilartige Gefährt hier durch den schwirrenden Abendverkehr steuerte. Er schmunzelte leicht, als er unwillkürlich an Rox denken musste. Seinen Ausbildungsstand, als der junge Rodianer auf die Flotte und zu den neu gegründeten Schwertern gekommen war. Bei den ersten Testflügen um die Flotte hatte er auch nicht die Geduld aufgebracht, seinen Jäger und dessen Landekufen erst zu stabilisieren, bevor er ihn auf dem Hangardeck abgesetzt hatte. Was ihm einen Rüffel von Kelad und dem herbeigeeilten Bodenpersonal eingebracht hatte. Die Shuttlepiloten flogen nach engen Zeitplänen, wurden vielleicht sogar nach der Anzahl ihrer Flüge bezahlt. Keine B-Note für komfortable Landungen oder geschontes Material. Es war nur ein Job. Kelad rutschte etwas näher an die Transparistahlscheibe heran und versuchte das Leid des zwischen ihm und einem Baragwin eingekeilten feingliedrigen Zeltron etwas zu lindern, während sein Blick über die ins vielfarbige Leuchten der überall präsenten Neonreklamen getauchten Masse an Leibern und Gestalten glitt, die aus den sich mit einem Zischen öffnenden Türen in den Regen ergossen und zwischen den Wartenden hindurchzwängten. Twi’lek, Rodianer, Menschen und mehrere Dutzend Vertreter von Völkern, die er weder beim Namen benennen konnte noch denen er jemals zuvor begegnet war. Klackernde Geräusche, kehlige Stimmen und fröhliches Geschnatter schwappten in die Kabine, als die Zusteigenden durch die geöffneten Luken ins Innere strömten. Arbeitsmappen eng an sich gepresst, ihre Blicke auf die Oberfläche ihrer Datapads gesenkt, voll bepackt mit prall ausgebeulten Einkaufstaschen oder auf den letzten Metern in der Warteschlange den halb heruntergerauchten Cigstick von der Plattform schnippend. Der Herzschlag der Stadt, Querschnitt durch den Teil Denons, der jetzt vielleicht nie erfahren würde, wie knapp der Planet einem blutigen Krieg in seinen Straßenschluchten entgangen war. Alle Teil einer Normalität, die in so weiten Teilen der Galaxie schon längst keinen Bestand mehr hatte. Nicht mehr existierte.
Nachdenklich beobachtete er, wie sich eine Gruppe von ihrer Abstammung her bunt gemischten Kindern aus der in den Gang aufeinandergeschobenen Masse schälte und sich den Teil eines schmalen Durchgangs zwischen den Sitzreihen eroberte. Sie waren kaum älter als die Jüngsten der Jedi-Schüler. Zumindest bezogen auf den Zeitpunkt auf der „Errant Venture“ als er sie zuletzt gesehen hatte. Das war fast ein Jahr her … vermutlich wäre er bei einem Wiedersehen im selben Maß überrascht wie damals, als er Anakin zum ersten Mal nach der Schattenakademiekrise und seinem Kurzbesuch auf Coruscant im Rahmen des Jedi-Konvents auf Yavin IV getroffen hatte. Von dem begeistert mit Fragen auf den damals selbst noch jungen Jedi-Schüler einstürmenden jüngsten Kind der Solos war er innerhalb kürzester Zeit zu einem selbstbewussten jungen Mann mit bemerkenswerten Führungsqualitäten herangereift. Weil er durch die Umstände und den zunehmend in die Katastrophe kippenden Krieg dazu gezwungen wurde. So, wie sie alle. Tatsächlich bedachte er das Geschehen mit einem Schmunzeln, als eines der Mädchen, eine Miralan, eine metallisch schimmernde Dose aus ihrem Ranzen fischte, sie den Deckel abhob und die Inhalte der Büchse an die umstehenden Kinder zu verteilen begann. Ein kleiner herzerwärmender Moment, umrahmt vom aufrichtigen Leuchten der Kinderaugen, der ihm wieder schmerzhaft ins Bewusstsein rief, wie wenig Zeit ihnen oftmals für solche Gesten oder Augenblicke blieb. Sie waren Getriebene, immer auf einer Mission oder in offiziellem Auftrag unterwegs. Jetzt vielleicht noch ein wenig mehr als zuvor, nachdem sie öffentlichkeitswirksam ganz im Namen der Neuen Republik handelten und seine Freunde und er zunehmend auch zu den Gesichtern der neuen, großen Offensive aufgebaut wurden.
Umso mehr hatte er es genossen, dass sie neben all den förmlichen Abläufen, den straff zusammengestauchten Trainingsplänen und den Vorgaben des militärischen Protokolls auf der Flotte auch viel Zeit für das gefunden hatten, was über die vergangenen Monate mehr und mehr in den Hintergrund gerückt war. Lange Gespräche, kindisches Herumalbern oder einfach nur das völlig zwanglose, ungestörte Herumschrauben an „Nadel Eins“ … die Stunden, die er sich abends genommen hatte, um die Folien in Form zu schneiden, die er als Vorlage auf seinen Jäger auflegen konnte, um die Dinge, die ihm selbst wichtig waren … Erinnerungen … Namen aufgesprüht auf dem RZ-2 zu verewigen. Stunden mit Sheila. Mit seiner Staffel, Gus oder den anderen Jedi. Ein Zentrum, ein besonderer Ort, an dem alles zusammenlief. Seine Mitte.
Er hatte sie gefunden, auch wenn zwei mit denen er die meisten Stunden dieses zweiten Lebens, das ihm die Macht geschenkt hatte, verbringen durfte, fehlten. Dem Ruf ins Ungewisse gefolgt waren, während er sich für den Platz auf der Flotte entschieden hatte. Kin Chun und Norkan. Die Zwei, die unterschiedlicher nicht sein konnten und ihm dennoch über die Jahre des Krieges gezeigt hatten, was Freundschaft wirklich bedeutete. Das Shuttle um ihn herum schaukelt unstet, als es sich in eine der unsichtbaren Leitlinien des Speederverkehrs über Denon einordnete. Viele hundert, vielleicht tausend Meter über den vergessenen Tiefen, die Kelad und seine Begleiter hier besucht hatten.
Hier oben war die Welt in Ordnung. Die Normalität noch Wirklichkeit. Echt und real, wenngleich auch eingetrübt in das trügerisch grelle und die düsteren, weitaus weniger glänzenden Fassaden der hohen Wohntürme verbergende Leuchten der gefühlt jede hässliche Ecke des Planeten übertüchenden Neonreklamen. Breitenden einen schillernden Schleier über dem verderbenden Gift aus, dass der Puls der Straßen durch die unglaublich verästelten Adern von Denon pumpte. Was den Planeten am Leben erhielt… und gleichermaßen im Austausch innerlich verfaulen ließ.
Ja, sie hatten den Krieg abgewendet. Unzählige Leben gerettet, aber wie die meisten der wenigen Siege in diesem Krieg schmeckte er den schalen, bitteren Beigeschmack dieses teuer erkauften Friedens in seinem Rachen, wo er wie Asche auf seiner Zunge lag. Die Geonosianer und ihr wenngleich so ungemein fremdartiger, aber gleichermaßen beeindruckendes Nest, ihre Errungenschaften und die Reste ihrer Kultur hier… waren dem Untergang geweiht. Ves Togg würde weiter mit eiserner Faust aus dem Schatten über den Planeten herrschen. Einige Monate, in denen er und seine Handlanger weiterhin ungehindert morden und sich bei den Schwächsten der Gesellschaft bedienen würden. Aber dann… wenn sie Ackbars Plan, wie auch immer er lauten mochte, umgesetzt und sich selbst in diesem Krieg eine neue Chance erkämpft hätten… würden sie zurückkehren. Und die Falle würde zuschnappen.
Aber bis dahin mussten die Unterbosse die Füße stillhalten, ihren Vigo in Sicherheit wiegen. “Ich bin Denon.” hallte Ves Toggs rauhe und kratzige Stimme noch einmal durch seinen Geist, bevor sie von der Durchsage des Piloten überlagert wurde und das kräftige, fröhliche Lachen der Kinderschar sie gänzlich ablöste. Ja, in gewisser Weise hatte er recht, nur auf eine andere Art und Weise, die Kelad nur allzugut hatte spüren können, als seine Augen der mitleidlosen Kälte im Blick von Valcan begegnet waren. Ves Togg war der faulende Leichnam, der die Quelle vergiftet, aus der die Bewohner Denons ihr Wasser schöpften. Um zu überleben. Und in Kauf nahmen, dass die Schwärze sich auch in ihnen ausbreitete. Mit einem beiläufigen, hohlen Lächeln raunte er dem Zabrak und damit auch dem Baragwin in Gangnähe eine kurze Entschuldigung zu und richtete sich geduckt unter dem Gepäckfach so weit auf, wie ihm dies die metallischen Streben ermöglichten, während das große buckelige Alien sich mühsam in den Gang quälte und ihm blubbernd und gurgelnd eine Gasse in Richtung der Ausstiege öffnete. Der Zeltron warf ihm ein freundliches wie gleichermaßen neckisches Grinsen zu, als Kelad sich an ihm vorbeischob und ihm kurz zunickte.
Kelad schlug den Kragen seiner schwarzen Allzweckweste hoch und kratzte sich unwillkürlich hinter dem linken Ohr, als könnte er dort noch die haarige Kralle des Echsentiers spüren, dass er sich für ihren Einsatz hatte rasieren lassen. Die Spuren ihrer Verkleidung waren beseitigt, aber seine Kopfhaut kribbelte noch unangenehm von der Behandlung. Er konnte förmlich spüren, wie seine Haare nachwuchs, obwohl er wusste dass er sich das nur einbildete. Die Behandlung war längst abgeschlossen. Für harte Credits konnte man auf Denon alles kaufen… nur eines nicht und das war das Wichtigste. Vertrauen. Sein Vertrauen konnte man nur einmal verschenken. Man hat immer eine Wahl, hatte er zu Valcan gesagt. Und bei allem Verwerflichen, was auch Cesi und Pash getan hatten, hatten sie sich letztlich entschieden dieses eine entscheidende Mal für mehr stehen zu wollen als für das, was ihre Leben so lange Zeit dominiert hatte.
Er machte sich, so gut es eben ging, schmal und drückte sich an zweien der Kinder, einem Gamorreaner und einem Rodianer mit einem bemerkenswert hellen Hautton vorbei. Er lächelte unwillkürlich, obwohl ihm nicht danach war. Kinder, die hier oben eine Schule besuchen konnten, verkörperten auf diesem Planeten wohl die reinste Form der Unschuld. Die winzigen, hellen Flecken in einem Ozean der Finsternis. Valcan hatte einen Schritt gemacht, um sich aus diesem Meer lichtloser Tiefe auf ein Stück Treibholz zu ziehen, als er gespürt hatte, dass er seine Waffe nicht gegen Frauen und Kinder erheben konnte.
Dennoch hatte er abgedrückt, als Giza Tar wehrlos und von den starken Toxinen betäubt vor ihm gelegen hatte. Sein Kopf schwamm, als er nach einer der über seinem Kopf baumelnden Halteschlaufen griff, als das Shuttle in den Hive Barrens zum Landeanflug überging. Valcan war überzeugt davon gewesen, dass es das einzig Richtige war, wenn er seine Freunde beschützen wollte. Vertrauen konnte man nicht kaufen und in diesem entscheidenden Moment hatte er ihre, Corrans und seine, Vision von einem neuen Denon nicht geteilt. Er hatte ihnen nicht vertraut und kühl berechnend seinen eigenen Weg beschritten, ohne seine Sorge mit ihnen zu teilen.
Aber er war auch kein Jedi. Er war ein Kind Denons. Und obwohl Kelad noch ihre Ähnlichkeiten vor Valcan beschworen hatte und gespürt hatte, dass seine Worte etwas in dem verschlossenen Zabrak ausgelöst hatten, musste er sich eingestehen dass er sich darin vielleicht in ihm getäuscht hatte. Hätte Kelad damals Kin Chun nicht vertraut, wäre er vermutlich auf Yavin IV gefallen. Mit der Schattenakademie untergegangen. Das Licht über der Kabinentür sprang auf Grün und das Schiff wurde abermals durchgeschüttelt als es mit einem Knirschen auf der linken, vorderen Kufe aufsetzte. Einige Stimmen um ihn herum brachten gemurrt ihre Unzufriedenheit über die holprige Landung zum Ausdruck. Innerlich versetzte er sich zurück in die atemlosen Minuten, in denen sie unter dem Beschuss der Vong auf der Landeplattform des brennenden Lantendandro-Towers gelandet waren. Es war eine gefühlte Ewigkeit her. Er warf einen kurzen Blick über die Schulter zurück zu den Kindern und er hoffte insgeheim inständig, dass Denon diese Bilder erspart blieben. Ganz gleich wie verrottet Denon im Kern auch sein mochte, er kämpfte auch für sie, für jeden von ihnen. Auch für Ves Togg, ganz gleich wie wenig ihm dieser Gedanke behagte. Aber eines Tages würden sie Denon den Frieden bringen, die Schwarze Sonne zerschlagen, ganz gleich wie sehr sich ihre Reste an den Nimbus der Unbesiegbarkeit klammerten.
Die Türen glitten mit einem scharfen, kratzenden Zischen auf und tauchten die umstehenden und ihn selbst in die rote Glut einer überlebensgroßen Togruta-Tänzerin, die sich im hellen Neonlicht an einem der Wohnblöcke räkelte. Er ließ sich mit der Woge von Leibern nach draußen spülen und versenkte die Hände in den Taschen seiner dunkelblauen Uniformhose. Er dachte an Valcan, bedauerte den Zabrak dafür, dass in ihm noch immer die Überzeugung schlummerte, dass er Giza Tar hatte töten müssen um andere zu beschützen. Unter anderen Umständen hätte er seine Meinung geteilt. Er selbst tat nichts anderes in diesem Krieg. Aber er tat es nur, weil ihnen keine Wahl blieb. Ihnen die Vong keine Wahl ließen. Valcan hatte die Wahl gehabt und er hatte sich entschieden. Für seinen eigenen Weg. Der Preis war ihr Vertrauen, aber er war bereit gewesen ihn zu bezahlen. Für Freunde von denen er selbst nicht mit Sicherheit sagen konnte, wo ihre Freundschaft endete und ihre Loyalität begann. Und wem sie galt. Der ewige, fürchterliche Kreislauf, der Denon zu genau der Rancorgrube gemacht hatte, die es heute war.
Alte Gewohnheiten sterben nicht.
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